Ein Leitbild für die Dorfentwicklung muss sich mit den Besonderheiten und Chancen des dörflichen Lebens auseinandersetzen.
Früher war das Dorf eine selbständige und geschlossene Lebens- und Wirtschaftsform. Jedes Dorf erlebte seine individuelle Entwicklung und war dadurch auch in seiner Gestalt unverwechselbar. Im Zuge der zunehmenden Funktionsteilung lösen sich die dörflichen Lebensweisen, die im engen Zusammenhang mit der Landwirtschaft stehen, nach und nach auf. Auf dem Dorf wird heute immer häufiger nur noch gewohnt und gearbeitet wird außerhalb.
Dieser tiefgreifende Funktions- und Gestaltwandel findet seinen Ausdruck im dörflichen Umfeld durch eine geänderte Raum- und Baukörpergestaltung. Die Unverwechselbarkeit schwindet in den Wohndörfern.
Um einen Funktionsverlust der Dörfer zu verhindern, müssen heute landwirtschaftsgebundene Arbeits- und Lebensweisen gefördert werden. Es ist auch eine vorrangige Aufgabe des örtlichen Entwicklungskonzeptes und der finanziellen Förderung von Dorferneuerungsmaßnahmen. Die Schaffung eines attraktiven Wohnumfeldes kann, in Verbindung mit den Besonderheiten des dörflichen Lebens, wie Dorfgemeinschaft und Naturverbundenheit, eine Entwicklungschance für den ländlichen Raum darstellen.
Das Dorf muss sich bewusst als alternative Lebensform zur Stadt entwickeln und darf nicht städtische Formen nachahmen. Es sollte sich auf seine eigenen Werte besinnen.
Im Gegensatz zur städtischen Lebensform wohnt auf dem Dorf eine überschaubare Anzahl von Menschen. In einer kleinen Siedlungseinheit spielen der persönliche Kontakt und der soziale Austausch eine sehr große Rolle. Man kennt sich, trifft sich auf der Straße und tauscht Neuigkeiten aus. Die Straße ist als Ort der Kommunikation ein wichtiger Bestandteil des dörflichen Lebens.
Eine weitere Qualität stellt die leichtere Eigentumsbildung auf dem Dorf dar. Im Rahmen einer angemessenen Dorfentwicklung müssen dafür geeignete Flächen angeboten werden. Vorrang sollte aber soweit möglich die Wieder- bzw. Umnutzung alter Bausubstanz haben, um diese für das Ortsbild zu bewahren.
Auch der enge Bezug zwischen Siedlung und Landschaft stellt eine Besonderheit des Dorfes dar und muss erhalten bzw. wiederhergestellt werden. Nicht nur die Eingrünung des Ortes, sondern vor allem dorftypische Grünstrukturen innerorts, wie Obstwiesen, Bäche, Teiche, Alleen, Hofbäume und Nutzgärten, gehören zu einem abwechslungsreichen Ortsbild.
Für eine erfolgreiche Dorfentwicklung ist eine Bewahrung der typischen Elemente sowie eine behutsame Anpassung an heutige Lebensgewohnheiten notwendig.